Psychotherapie –
Was ist das, welche verschiedenen Verfahren werden angeboten?

Psychotherapie ist die Behandlung seelischer/psychischer Probleme unter Anwendung wissenschaftlich anerkannter Behandlungsmethoden. Meist äußern sich seelische/psychische Störungen in Beeinträchtigungen des Denkens (Wahrnehmungen, Bewertungen), des Verhaltens, der Gefühle, der sozialen Beziehungen und auch von körperlichen Vorgängen.

Ein von den Krankenkassen als wirkungsvoll anerkanntes und somit finanziertes Psychotherapieverfahren ist (neben der Psychoanalyse und der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie) die Verhaltenstherapie.

Die Wirksamkeit der Verhaltenstherapie ist, im Vergleich zu allen anderen psychotherapeutischen Verfahren, durch zahlreiche wissenschafliche Untersuchen am besten und eindeutigsten belegt worden.

Was ist Verhaltenstherapie?

Die grundlegende Annahme der Verhaltenstherapie ist, dass (ungünstiges) Verhalten im Verlauf der Biographie erlernt wird und somit auch wieder verlernt werden kann. Neben sichtbaren Verhalten sind dabei auch innere Vorgänge (Gedanken, Gefühle, körperliche Vorgänge) gemeint. In Rahmen einer verhaltenstherapeutischen Behandlung werden Lernprozesse in Gang gebracht, um so gewohnheitsmäßige Verhaltensmuster zu verändern und das persönliche Wohlbefinden zu steigern.

Von Anfang an wird der Patient im Rahmen der Therapie zur eigenverantwortlichen Mitarbeit motiviert. Nach einer eingehenden Exploration der Symptomatik des Patienten wird zusammen mit dem Patienten ein umfassendes Erklärungsmodell für die psychischen Probleme entwickelt. Auf der Basis dieses Erklärungsmodells und in Abstimmung mit dem Patienten werden dann gemeinsam Ziele für die Behandlung abgeleitet.

Verhaltenstherapie ist handlungsorientiert. Zentral in der Verhaltenstherapie ist die aktive Mitarbeit des Patienten, nicht nur während der Sitzungen, sondern auch im Alltag zwischen den Therapiestunden. Nicht alle notwendigen Veränderungen können im Rahmen der zeitlich begrenzten Therapiestunden erfolgen, ein großer Teil der Lernprozesse und positiven Veränderungen muss im Alltag des Patienten stattfinden.

Aus diesem Grunde wird in der Therapie auch oft mit im Alltag umzusetzenden Übungen (z.B. Selbstbeobachtungsprotokolle) gearbeitet. Dabei geht es um aktives Ausprobieren neuer Erlebens-, Denk- und Verhaltensweisen. Auch sollen neue Strategien zur Lösung von Problemen im Alltag erprobt und somit die Problemlösefähigkeit verbessert werden.

Verhaltenstherapie stellt „Hilfe zur Selbsthilfe“ dar. Ein zentraler Aspekt dabei ist es, die Fähigkeit des Patieten zur Selbsthilfe zu verbessern, also den Patienten dazu in die Lage zu versetzen, sein eigener Therapeut zu werden. Zu Beginn der Therapie werden Ziele festgelegt, mit deren Erreichung dann die Therapie dann auch beendet werden kann. Im Vergleich sind somit verhaltenstherpaeutische Therapien vom zeitlichen Umfang her häufg deutlich kürzer als andere Therapieformen (z.B. Psychoanalyse oder tiefenpsychologisch orientierte Therapieformen).

Verhaltenstherapie ist transparent. Alle relevanten Aspekte im Rahmen der Therapie (Diagnostik, biographische Ursachen, Zielplanung, therapeutisches Vorgehen, Beendigung der Therapie) werden verständlich erklärt und mit dem Patienten besprochen, so dass der Patient sämtliche Schritte in der Therapie von der Entstehung der Problematik bis hin zu den Behandlungsschritten nachvollziehen kann.

Verhaltenstherapie orientiert sich an aktuell im Vordergrund befindlichen Problembereichen. Der Behandlungsplan orientiert sich an der aktuellen Symptomatik und versucht, die Symptome durch gezielte Interventionen zu verbessern. Ebenso stellt die Verhaltenstherapie aktuelle Problemsituation bzw. Konfliktsituation ins Zentrum des Behandlungsplan.

Verhaltenstherapie ist jedoch auch biographisch orientiert und berücksichtigt auslösende und aufrechterhaltende Bedingungen des Problems. Insbesondere die Aspekte der Lebensgeschichte und der aktuelle Lebensumstände, die verantwortlich für die Entstehung und das aktuelle Fortbestehen der Symptomatik sind, werden in der Therapie berücksichtigt und bearbeitet. Es werden aber auch diejenigen Lebenserfahrungen berücksichtigt, die die Identität und das Selbstwertgefühl des Patienten entscheidend geprägt haben. Im Sinne der aufrechterhaltenden Faktoren einer Störungen werden auch funktionale Aspekte in die Therapie miteinbezogen. Hierbei wird untersucht, welche Funktion die Problematik (unbewusst) in Beziehungen zu anderen (interaktionelle Funktionalität) oder auch hinsichtlich des eigenen Selbsterlebenes (internale Funktionalität) haben kann.

Verhaltenstherapie ist wissenschaftlich untersucht, empirisch begründet und effektiv. Verhaltenstherapie umfasst eine breite Anzahl von verschiedenen Behandlungstechniken, die an sich an lerntheoretischen, verhaltenstheoretischen und kognitiven Grundlagen orientieren und sich in zahlreichen empirischen Studien als wirkungsvoll erwiesen haben. Vehaltenstherapie ist somit im Gesundheitssystem die am stärksten anerkannte und etablierte Methode der Psychotherapie. Für verschiedene Störungsbereiche (Angst, Zwang, Depression, Essstörungen, soziale Phobie) wird sie mittlerweile als die effektivste psychotherapeutische Behandlungsform und als unverzichtbarer Bestandteil im Rahmen einer adäquaten Behandlung angesehen.

Literatur-Auswahl

  • Kanfer, Schmelzer (2001) Wegweiser Verhaltenstherapie: Psychotherapie als Chance, Springer
  • Leibing; Hiller, Sulz (2003) Lehrbuch der Psychotherapie. CIP-Medien
  • Margraf (2000) Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Springer
  • Reinecker (2005) Grundlagen der Verhaltenstherapie, Beltz

Wer ist wer? Psychotherapeut – Psychiater – Psychologe

Drei Begriffe, die häufig verwechselt werden:
Diplom-Psychologen haben einen Hochschulabschluss im Fach Psychologie erworben. Im Rahmen des akademischen Studiums, welches mit dem Diplombeendet wird, eignet sich der Psychologe in verschiedenen Themenbereichen der Psychologie wissenschaftliche Erkenntnisse über menschliches Handeln, Denken und Fühlen an und wie menschliches Verhalten beeinflussbar ist. Der erfolgreiche Abschluss des Studiums mit einem Schwerpunkt auf klinischer Psychologie berechtigt im Anschluss zur Teilnahme an einer psychotherapeutischen Ausbildung.

Psychotherapeuten sind entweder Psychologische Psychotherapeuten oder ärztliche Psychotherapeuten. Ein Psychologischer Psychotherapeut hat Psychologie studiert und die vollständige Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten absolviert, ein Ärztlicher Psychotherapeut hat Medizin studiert und eine im Gegensatz zum psychologischen Psychotherapeuten deutlich verkürzte Form der Ausbildung zum Psychotherapeuten absolviert. Als psychologischer Psychotherapeut nimmt man an einer drei- (vollzeit) bzw. fünfjährigen (teilzeit) staatlichen psychotherapeutischen Ausbildung teil, welche dann zur eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde Psychotherapie berechtigt.

Diese Ausbildung wird nach einem Staatsexamen mit dem Titel „Psychologischer Psychotherapeut“ abgeschlossen. Psychologische Psychotherapeuten verschreiben keine Medikamente und versuchen mit psychologischen Mitteln, die seelischen Probleme durch eine Bearbeitung der Ursachen und aufrechterhaltenden Faktoren sowie durch ein stark übungsorientiertes Vorgehen zu lindern. Sind körperliche Faktoren (z.B. körperliche Erkrankungen, Medikamente) in der Behandlung zu berücksichtigen, arbeitet der Psychologische Psychotherapeut mit Ärzten zusammen.

Psychiater sind Fachärzte für psychische Störungen. Bei ihnen steht die körperliche Seite seelischer Probleme im Mittelpunkt der Therapie. Ein Psychiater hat ein Studium der Medizin abgeschlossen und eine mehrjährige Facharztweiterbildung absolviert. Dabei hat er Wissen insbesondere über Entstehung und Verlauf psychischer Erkrankungen, deren Diagnostik und insbesondere medikamentöse Behandlung mittels Psychopharmaka erworben. Ein Psychiater darf erst Psychotherapie ausüben, wenn er eine spezielle Zusatzausbildung absolviert hat, um dann neben der Facharztbezeichnung „Psychiater“ die Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“ oder „Psychoanalyse“ zu führen.

 

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